22. Mai 2023 | Wien | Caroline Schmüser
Erfolgsgeschichte II: „Ich wollte etwas zur Gemeinschaft beitragen“
Auch in der Pension wollte Friederike Amberger etwas zur Gemeinschaft beitragen. Eine passende Tätigkeit fand sie auf der Wiener Freiwilligenmesse. Jetzt unterstützt sie nicht nur ältere Menschen im Alltag, sondern sorgt für ihren eigenen Lebensabend vor.
Konzept „Zeitaustausch“
Der Eintritt in die Pension ist für viele Menschen der Startschuss für ein freiwilliges Engagement. Denn viele Dinge, die im Arbeitsalltag noch völlig normal waren, enden hier: ein soziales Umfeld etwa, oder ein geregelter Alltag. Freiwilligenarbeit bietet die Möglichkeit, diesen sogenannten „Pensionsschock“ abzufedern. Das dachte sich auch Friederike Amberger, als sie im Mai 2019 in Pension ging. Die ehemalige Friseurin war schon immer ein aktiver Mensch: „In der Pension wollte ich mich nicht nur mit Freund:innen zum Kaffee trinken treffen und über belanglose Dinge reden. Ich wollte etwas zur Gemeinschaft beitragen.“ Auf der Suche nach einer passenden Tätigkeit besuchte die 64-Jährige deshalb im Herbst 2021 die Wiener Freiwilligenmesse.
Dort fühlte sie sich von mehreren Organisationen angesprochen. Am Ende konnte Zeitpolster sie für sich entscheiden. Vor allem durch das Konzept des „Zeitaustauschs“: Freiwillige unterstützen ältere Menschen, Familien mit Kindern oder Menschen mit Behinderung durch einfache Hilfsleistungen. Für ihre Engagement erhalten sie Zeitgutschriften, die sie später einlösen können, wenn sie selbst Betreuung benötigen. Alle anderen zahlen 9 Euro pro Stunde. Friederike ist alleinstehend. Sie hat zwar Familie, möchte im Alter aber nicht auf ihre Verwandtschaft angewiesen sein. Die Aussicht, selbst einmal Hilfe von Zeitpolster erhalten zu können, gefällt ihr deshalb. „Und wenn ich es einmal nicht brauchen sollte, dann habe ich mich eben gänzlich freiwillig engagiert.“
„Sie hat mich einfach gerne zum Plaudern da“
Ein halbes Jahr nach der Messe – als die härteste Phase der Coronapandemie vorbei war – registrierte Friederike sich dann bei Zeitpolster und nahm im Juni 2022 ihre erste Betreuung an: eine 86-jährige Dame, die seit fünf Jahren an Alzheimer erkrankt ist. Zur Entlastung ihres Ehegatten und deren Tochter verbringt sie zweimal in der Woche zwei Stunden mit ihr. „Wir singen, ich lese ihr vor, wir spielen Memory und bei schönem Wetter gehen wir spazieren“, erzählt Friederike. „Die Zeit, die wir zusammen verbringen, ist sehr kurzweilig, weil sie eine sehr unkomplizierte und fröhliche Person ist.“
Mittlerweile betreut Friederike noch eine weitere Seniorin. Eine 82-Jährige, die noch sehr fit ist. Mit ihr geht Friederike einkaufen oder hilft im Haushalt. Vor allem aber führen Friederike und die Klientin viele Gespräche: „Sie hat mich einfach gerne zum Plaudern da.“ Friederike merkt durch ihre Arbeit bei Zeitpolster, dass die Vereinsamung älterer Menschen immer mehr voranschreitet. Deshalb empfindet sie die Arbeit der Organisation auch so wichtig. Klassische Pflegedienste haben ein geringes Zeitfenster vorgeschrieben, die sie pro Besuch einhalten müssen. „Eine psychosoziale Betreuung ist da gar nicht möglich.“ Aufgaben, die auf der Strecke bleiben, erfüllen die Betreuer:innen von Zeitpolster. Die Kosten für die Betreuung von Zeitpolster seien für die meisten Menschen gut leistbar, findet Friederike: „Und zugleich haben Helfer:innen die Chance, mit der Zeitgutschrift, die sie für die Einsätze bekommen, eine kleine Vorsorge für die eigene Zukunft aufzubauen.“
Das perfekte Engagement finden!
Die Tätigkeit bei Zeitpolster sei nicht immer einfach. Friederike hat keine professionelle Ausbildung. Vor allem die Betreuung der Dame mit Alzheimer empfindet Friederike als eine Herausforderung – jedoch eine, an der auch sie wachsen kann. Am Ende sei es vor allem die Dankbarkeit der zwei Damen, die Friederike an ihrer Tätigkeit berührt. Wenn die eine Dame ihr am Tag vorher eine Whatsapp-Nachricht schreibt, in der steht: „Ich freue mich, dass du morgen kommst!“ Oder die andere ihr zum Abschied über das Gesicht streicht und sich für ihren Besuch bedankt. „In solchem Momenten merke ich, dass ich es richtig mache“, sagt Friederike. „Es ist ein schönes Gefühl, gebraucht zu werden.“
Für Zeitpolster ist es wichtig, laufend neue Freiwillige erhalten. „Nur dann können wir eine zügige Vermittlung der Betreuungsanfragen gewährleisten“, weiß Zeitpolster-Regionalkoordinatorin Judith Schneider. „Die Freiwilligenmesse ist für uns die wichtigste Veranstaltung, um viele neue Freiwillige zu gewinnen!“ Für Friederike war die Messe der ideale Ort, nach einer passenden Tätigkeit zu suchen. „Es ist wirklich schwierig, einen Überblick über das Angebot an sozialen Organisationen in Wien zu bekommen“, erzählt sie. Die 64-Jährige wollte sich nicht auf das Internet verlassen, und auch nicht viele verschiedene Organisationen an unterschiedlichen Tagen besuchen müssen. Auf der Messe konnte sie gleich mehrere Organisationen auf einmal kennenzulernen. Und so ihr perfektes Engagement finden.
Sie möchten sich wie Friederike freiwillig engagieren, wissen aber nicht wo oder wie?
Dann besuchen Sie die 11. Wiener Freiwilligenmesse!
Wo? Rathaus Wien
Wann? 7. und 8. Oktober 2023